Warum ich auch Jahre nach

dem Ausstieg nicht frei bin

Als ich mir Gedanken gemacht habe, was Freiheit nach der Zeit im Gewerbe für mich bedeutet, war das gar nicht so einfach zu beantworten.


Zwar habe ich jetzt eine gute Arbeitsstelle und ein anderes Leben, aber richtig frei bin ich nicht.
Ich bin z.B. frei in der Entscheidung, in meiner Freizeit schwimmen zu gehen oder einen Waldspaziergang zu machen – etwas, das früher fast undenkbar war.


Für mich bedeutet Freiheit auch alle Kleinigkeiten, die für andere wahrscheinlich selbstverständlich sind, wie z.B. Arztbesuche, Geld vom Bankkonto, oder eine schöne Wohnung mit Balkon, wo ich meine Ruhe habe.
Teil meiner Freiheit ist, dass ich heute imstande bin, helle und positive Bilder mit Acrylfarben zu malen. 

Ob ich jemals frei sein werde, weiß ich nicht. Ich habe bis heute, im Alltag mit vielem zu kämpfen, was mich in der Zeit als Prostituierte geprägt hat. Dazu gehören:


UMGANG MIT FINANZEN – als Prostituierte bin ich anders mit Geld umgegangen als heute mit einem Festgehalt. Ich arbeite immer noch daran, mit meinem Budget sparsam umgehen zu können.


ALPTRÄUME – vor ein paar Tagen habe ich geträumt, dass ich auf einem Sklavenmarkt versteigert wurde.

MEDIKAMENTE ich bin auf verschiedene Medikamente angewiesen, ohne die ich den Alltag auf der Arbeit nicht schaffen würde.


DIE SCHATTEN DER VERGANGENHEIT wie die Aufarbeitung des Traumas, lassen mich immer noch unfrei sein. Wenngleich ich merke, wie ich mich weiterentwickle, lässt mich trotzdem die Vergangenheit noch nicht ganz los.