Wie geht es eigentlich...

den Frauen in schweden?

Gibt es mit dem „Nordischen Modell“ wirklich mehr Vergewaltigungen?


Meine Gedanken und Einschätzung dazu: Das häufigste Argument gegen das Nordische Modell von Prostitutionsbefürwortern lautet „ohne Prostitution gibt es mehr Vergewaltigungen“, oder auch: „In Schweden hat das Nordische Modell die Vergewaltigungsrate steigen lassen“

 

Aber stimmen diese Aussagen eigentlich? Und haben sich die Gegner des Nordischen Modells wirklich mit der schwedischen Gesetzgebung auseinandergesetzt? Meiner Meinung nach nicht, denn dann wären ihnen einige Fakten aufgefallen:

Schweden und die dortige Gesetzgebung gelten als frauenfreundlich. Mit der Einführung des Nordischen Modells beabsichtigte Schweden gegen das Freiertum und im Zuge dessen auch gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution anzugehen:

Die Prostituierte bleibt straffrei, kann das verdiente Geld behalten und wird noch nicht einmal zur Rede gestellt, also muss sich nicht rechtfertigen. Fakt dabei ist allerdings, dass der Freier erst nach vollzogenem „Geschäft“ verhaftet wird, also kommt der Freier noch zu seinem eigentlichen Vergnügen.

Jetzt kann man argumentieren, dass nicht jeder Mann in einer glücklichen Beziehung lebt oder überhaupt eine hat. Aber erstens: Sollte ein Mann sich nicht lieber Gedanken machen, warum seine Beziehung nicht funktioniert und mit der Partnerin zusammen nach Lösungen suchen, anstatt einen bequemen Weg zu gehen? Und Zweitens: Ist der Sexualtrieb Herr über den Mann oder der Mann Herr über seine Triebe?

 

Aber zurück zu den Gesetzen.

Es stimmt, dass Schweden die höchste Vergewaltigungsrate in Europa hat, das liegt aber daran, dass das Land auch das strengste Sexualstrafrecht hat.

 

Ich versuche das kurz zu erklären: Das Sexualstrafrecht in Schweden unterscheidet zwischen vorsätzlicher oder fahrlässiger Vergewaltigung. Eine fahrlässige Vergewaltigung ist es, wenn das Opfer zu alkoholisiert ist, um ein verbales „Nein“ zu äußern oder unter Schock steht, jedoch durch nonverbale Signale ein „Nein“ signalisiert. Hier liegt der große Unterschied zu uns in Deutschland, es „gibt“ es laut Strafrecht keine fahrlässige Vergewaltigung.

2018 wurde das Gesetz in Schweden erneut überarbeitet und nennt sich jetzt „Zustimmungsgesetz“. Dieses Gesetz besagt: „BEIDE Partner müssen VOR dem Geschlechtsverkehr ihre Zustimmung geben. Sonst gilt der Akt als Vergewaltigung und zwar VERBAL und NONVERBAL.“

Dies gilt aber nicht nur für den Geschlechtsakt, sondern auch für schwere sexuelle Belästigung oder für einen vollzogenen Geschlechtsakt, bei dem das Opfer in der Aufwachphase war und am Abend zuvor ein „Nein“ zum Ausdruck gebracht hatte.

Und nicht zu vergessen – in Schweden haben Menschen auch das Recht eine Vergewaltigung in der Ehe anzuzeigen.

 

Darum ist es in Schweden deutlich „einfacher“ eine Vergewaltigung anzuzeigen, als in Deutschland wo nur ein verbales „Nein“ als Ablehnung gilt. Durch die Gesetzesänderung und die damit verbundenen Möglichkeit potentielle Straftaten anzuzeigen wurde ein Umdenken in der Gesellschaft möglich. Dadurch ist die Zahl der Anzeigen von Vergewaltigungen gestiegen und die Höhe der Vergewaltigungen in Schweden nicht verwunderlich.

Weitere Fakten entgegen des Mythos:

 

  • Eine Regressionsanalyse ergab, dass in Chile und Kroatien der Sexkauf der wichtigste Faktor war. In beiden Landern war die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Vergewaltigung begangen haben, bei Sexkäufern 3,42-mal höher als bei Männern, die keinen Sex kauften.
  • Die Studie macht deutlich, dass Männer, die Sex kaufen, mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer, die keinen Sex kaufen, auch außerhalb der Prostitution sexuelle Gewalt ausüben.
  • Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Käuflichkeit einen Effekt auf das Frauenbild
  • Möglicherweise entsteht bei Männern, die Sex kaufen, der Eindruck, sie hatten jederzeit ein Recht auf Sex und der Willen der Frau sei weniger relevant, was dadurch zu einem Anstieg sexueller Gewalt auch außerhalb der Prostitution führt

 

Quelle:
Heilman, B.; Hebert, L.; and Paul-Gera, N. The Making of Sexual Violence: How Does a Boy Grow Up to Commit Rape? Evidence from Five IMAGES Countries. Washington, DC: International Center for Research on Women (ICRW) and Washington, DC: Promundo.
June 2014. /// hier ist der link

 

 

  • Der Mythos, dass Prostitution Vergewaltigungen vorbeugt, suggeriert zudem, dass Prostituierte nicht vergewaltigt werden können. Dabei sind gerade Prostituierte einer extrem hohen Gefahr ausgesetzt vergewaltigt zu werden – von Zuhältern und Sexkäufern gleichermaßen.
  • Es ist zutiefst frauenverachtend, manche Frauen für andere „zu opfern“. Frauen werden in der Prostitution zur Ware, die von Männern nach Belieben benutzt wird. Männer lernen dabei, dass sie das bekommen, was sie wollen. Die Hemmschwelle, Frauen zu vergewaltigen, sinkt mit Prostitution eher. Prostituierte werden wesentlich öfter vergewaltigt als nicht-prostituierte Frauen.

Quelle:
Kraus: Prostitution, 2016, S. 7f.; Farley: Bad for the Body, Bad for the Heart, 2004, S. 1094f.

  • Wissenschaftlich ist belegt, dass sich der Sexualtrieb von Männern und Frauen nicht unterscheidet.

Quelle:
Conley:
Women, Men, and the Bedroom, 2011, S. 296-300.